Schachtkraftwerk - Ein Kraftwerk, das sich versteckt
Schachtkraftwerk - Ein Kraftwerk, das sich versteckt.
Ein Kraftwerk, das sich versteckt
Acht Schachtkraftwerke an der Iller geplant
Atom-Kraftwerke bergen ein hohes Risiko, Kohle-Kraftwerke schleudern zu viel Dreck heraus, Windräder mag auch niemand in seinem Garten stehen haben und bei der Nutzung der Wasserkraft sind Neubau-Projekte rar, da hohe ökologische Auflagen mit herkömmlicher Kraftwerkstechnik kaum zu erfüllen sind.
Was bleibt, wenn der Strom auch weiterhin fließen soll? Dieser Frage haben sich Techniker der Technischen Universität München gestellt und entwickelten das Schachtkraftwerk, ein kostengünstiges Kraftwerk, welches für kleine und große Wasserkraftstandorte gleichermaßen geeignet ist. > Link
Bereits im März diesen Jahres berichtete der Bayerische Rundfunk im Rahmen der Sendung IQ - Wissenschaft und Forschung über neuartige Wasserkraftwerke, die an der TU München entwickelt und erprobt wurden.
Bei dieser Technologie verschwinden die Turbinen und der Horizontalrechen in einem Schacht im Wasser, durch die maximale Wasserspiegelerhöhung um nur 0,5 m bildet sich kein Stausee.
Diese Technologie schützt in hohem Maße Fische vor Verletzungen an Turbine und Rechen, was im Laufe des Modellversuchs auch belegt wurde. Link
Ungeachtet dieser Ergebnisse reichten nun aber der Bund Naturschutz und der Landesfischereiverband Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht gegen den Bau des Prototyps in der Loisach bei Großweil in Oberbayern ein.
Jetzt wird auch im Verlauf der Iller der Bau von Schachtkraftwerken geplant. Dazu veröffentlichen wir an dieser Stelle einen Bericht der Fontin & Company GmbH, der uns zur Verfügung gestellt wurde.
Das Schachtkraftwerk – ökologische Kleinwasserkraft
Fontin & Company plant in Zusammenarbeit mit der TU München an acht Standorten in der Iller sogenannte Schachtkraftwerke, die als besonders ökologische Kleinwasserkraft-Konzepte bezeichnet werden können. Am Standort bei Dietenheim sind die Planungen und das Genehmigungsverfahren sehr weit fortgeschritten. Nach Genehmigung und Inbetriebnahme könnte das Schachtkraftwerk bei Dietenheim ca. 1,6 Mio. kWh/a erneuerbare Energie produzieren. Damit können ca. 400 Drei-Personen-Haushalte mit Strom versorgt werden. Die Planungen an den anderen Standorten finden sukzessive statt. Weitere Informationen zu den Projekten an der Iller finden Sie auf www.iller-schachtkraftwerke.de.
Im Folgenden wird auf die Technik, die Vorteile und ein weiteres geplantes Schachtkraftwerk eingegangen.
Abbildung: Querbauwerk in der Iller in der Nähe von Dietenheim (Flusskilometer 23,480).
Die Technik
Das innovative, kosteneffiziente und naturverträgliche Konzept des Schachtkraftwerks wurde am Lehrstuhl für Wasserbau und Wasserwirtschaft der TU München, unter Leitung von Herrn Prof. Dr. Rutschmann, entwickelt. Das Schachtkraftwerk besteht aus einer Einheit von Turbine und Generator, die in einem Schacht mit sohlbündiger, horizontaler Einlaufebene (und damit vollständig unter Wasser) installiert ist. Das Kraftwerk kann in ein bestehendes Querbauwerk - und damit als Kraftwerk kaum wahrnehmbar - integriert werden. Der Zufluss wird durch den horizontal angeordneten Rechen mit abflussabhängiger Überdeckungshöhe der Turbine zugeführt. Die Anbindung an das Unterwasser erfolgt über das Saugrohr. In der Wehrebene ist in der Einlaufbreite ein multifunktionaler Verschluss angebracht. Er dient beim Kraftwerksbetrieb durch eine leichte Überströmung der Wirbelvermeidung, gibt bei der Rechenreinigung das Rechenreinigungsgut direkt ins Unterwasser ab und kann im Hochwasserfall vollständig abgesenkt werden, um somit einen großen Fließquerschnitt freizugeben. Spezielle Durchlässe im Verschluss ermöglichen den gefahrlosen Abstieg von Fischen über das Kraftwerk. Zusätzlich wird mit dem Schachtkraftwerk die vollständige Geschiebedurchgängigkeit hergestellt.
Abbildung: Schematische Darstellung des Schachtkraftwerks im Querschnitt (Quelle: TU München).
Ein 32kW Prototyp des Schachtkraftwerks wurde in der Versuchsanstalt der TU München in Obernach errichtet. Dort wird die Funktionalität des Kraftwerks untersucht, optimiert und die entsprechenden hydraulischen Bemessungsgrundlagen bestimmt. Neben der Maschinenbautechnik wurden auch Fisch-Versuche zur ökologischen Verträglichkeit durchgeführt. Die horizontale Rechenfläche mit geringen Stababständen wird so dimensioniert, dass niedrige Strömungsgeschwindigkeiten einen effektiven Fischschutz gewährleisten. Der Fischabstieg erfolgt über spezielle Öffnungen im Verschluss direkt in das Unterwasserpolster. Der Aufstieg für Fische ist als Schlitzpass ausgeführt, dessen Anbindung an die Unterwasserströmung in hohem Maße gegeben ist.
Abbildung: Übersichtsfoto des 32kW Prototyps des Schachtkraftwerks an der Versuchsanstalt Obernach (Quelle: TU München).
Die Vorteile des Schachtkraftwerks
Das Schachtkraftwerk hat sowohl wirtschaftliche, betriebliche als auch ökologische Vorteile:
- Es wird in bestehende Wehrkörper eingebaut, wodurch kein zusätzlicher Aufstau stattfindet.
- Es wird vollständig innerhalb der Wehrwangen bzw. innerhalb der Dämme angeordnet, wodurch der Eingriff in die Umwelt sehr gering ist.
- Es ist kaum sichtbar, geräuschlos und verbessert den Abfluss bei Hochwasser.
- Das Bauvolumen ist gering und damit das Bauvorhaben kostengünstig.
- Es beinhaltet einen integrierten Fischaufstieg in Form eines Schlitzpasses, am Horizontalrechen einen sehr guten Fischschutz sowie eine effiziente Fischabstiegsmöglichkeit und stellt damit die ökologische Durchgängigkeit am Querbauwerk her.
- Es erzeugt grundlastfähige, erneuerbare Energie mit einem maximalen Wirkungsgrad von 87 %.
Das Schachtkraftwerk an den geplanten Standorten in der Iller erfüllt alle Vorgaben der ökologischen Wasserkraft, erzeugt also regenerative Energie und verbessert gleichzeitig die Flussökologie.
Weitere Projekte zum Schachtkraftwerk:
Die Pilotanlage des Schachtkraftwerks wird an der Loisach von der Wasserkraftwerk Großweil GmbH geplant. Im Dezember 2014 wurde das Schachtkraftwerk bei Großweil an der Loisach in einem fischfaunistischen Vorranggewässer und FFH-Gebiet genehmigt. Die Klage des BUND wurde mit einer Erledigungserklärung des Klägers aufgehoben, nachdem das zuständige Landratsamt weitere Auflagen zum Fischschutz ergänzend in die Genehmigung aufgenommen hat. Die Auflagen beziehen sich auf die Ergebnisse eines gewässerökologischen Monitorings, welches durch das bayerische Landesamt für Umwelt beauftragt ist und in den ersten Betriebsjahren durchgeführt wird. Aktuell befindet sich das Projekt in der Ausführungsplanung.
Zu Fontin & Company:
Fontin & Company wurde 1995 als Spin-Off der Universität St. Gallen als Beratungshaus mit dem Schwerpunkt für Infrastruktur und Versorgung gegründet. Die Projekte liegen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser, Verkehr und sonstige Infrastruktur (z.B. Straßen, Brücken). Aufgrund der Erfahrungen, die Fontin & Company im Bereich der Energie-wirtschaft gewinnen konnte, hat sich vor mehr als 10 Jahren das Interesse an der Entwicklung, Investition und dem Betrieb von erneuerbaren Energien herauskristallisiert. Die Wahl fiel
auf die Wasserkraft, da sie eine grundlastfähige Energie mit hohem Wirkungsgrad und ausgereifter Technik darstellt. Fontin & Company ist im Bereich der Projektentwicklung von Wasserkraft in Deutschland, Österreich und der Schweiz tätig. In Deutschland sind an der Iller derzeit acht Projekte mit dem von der TU München entwickelten Schachtkraftwerk in Planung. Weitere Informationen zu Fontin & Company finden Sie unter: www.fontin.com.