Kommentare zur Schließung der Mönchmühle infolge medialer Berichterstattung
Auszug aus dem Magazin Blix August/September 2023
Kommentar des 1. Vorstands der Mühlenstraße Oberschwaben zur Schließung der Mönchmühle
Was mir aktuell auffällt ist, dass Menschen sehr gerne ihren Stab über andere brechen, ganz gleich ob in Gesellschaft, Verwaltung, oder Medien. Ein Großteil dieser Menschen meint mit ihrem Medienwissen einen scheinbar hohen Wissenstand zu haben und sich ein Urteil über andere erlauben zu können. Ganz so einfach ist es jedoch eben leider nicht.
Mit einer einzigen Schlagzeile und Artikel ist es einer Redakteurin der Schwäbischen Zeitung gelungen, einem über Jahrhunderte wertschöpfenden Handwerksbetrieb wortwörtlich das Handwerk zu legen und die Verantwortlichen dazu zu bewegen ihren Betrieb aufzugeben. Für viele hören sich die Meldungen sicherlich nach einem Skandal und schlechtem Wirtschaften an, wenn man aber genau hinschaut ist es viel schwieriger. So hat dieser Betrieb noch in nicht allzu ferner Vergangenheit während Notzeiten wie der Coronakrise und dem Krieg in der Ukraine vielen Menschen Lebensmittel gegeben und damit die Grundversorgung gesichert. Niemand, der je einen Betrieb selber geführt hat, wird von sich behaupten können, dass immer alles zu allen Zeiten perfekt läuft. Dafür spielen viel zu viele Faktoren in so ein Geschehen mit hinein. Mit Sicherheit sind da gewisse Dinge manchmal im Argen - wer frei von Schuld ist, der werfe den ersten Stein. Wir sollten hier auch einmal die Reaktion und deren Auswirkung gegenübersetzen: Es ist weder in Ravensburg noch in der Umgebung zu Erkrankungsfällen in diesem Zusammenhang gekommen, die der Dramatik des Artikels gerecht werden würden. Dass es Handlungsbedarf in der Mönchsmühle gab sei hier nicht verschwiegen, doch die Reaktion darauf war weit über‘s Ziel hinausgeschossen.
Seit fast 20 Jahren bemühen wir uns von der Mühlenstraße Oberschwaben mit so viel Kraft, Ideen, Energie, Engagement und Zeit, gerade diese noch über Jahrhunderte zur LEBENSNOTWENDIGEN Nahrungsversorgung wichtigen Betriebe zu erhalten und zu unterstützen. All dies wird dann mit einer Schlagzeile und einem Artikel zunichte gemacht und ein über 700 Jahre wirtschaftender Betrieb an die Wand gestellt, obwohl sich nach einer wackeligen Zukunftsaussicht ein Nachfolger bereiterklärte, der extra die Qualifikation erworben hatte den Betrieb weiterzuführen. Als Mitinitiator der Mühlenstraße Oberschwaben hätte ich mir all die Jahre mit viel Zeit, Mühen, Ärger und körperlicher, sowie geistiger Kraft so eine Aufmerksamkeit von Medien, Verwaltungen und Bevölkerung zum Erhalt der Mühlen gewünscht, wie sie nun zur Zerstörung dieser traditionellen Handwerksmühle tatsächlich eingetroffen ist. Viele werden erst begreifen, wenn es zu spät ist, welch ein großer Fehler da begangen wurde. Wir alle sind aus diesem scheinbar alles zu habenden und im scheinbaren Überschuss lebenden Denken noch nicht vollständig draußen.
Fehler und Vergehen aufzudecken sind die eine Seite, jedoch dafür mit einer derartigen Aktion einen Betrieb zur Aufgabe zu zwingen, wie nun geschehen, die andere. Vor allem hat das Ganze nun auch Nachwirkungen: Haben die Verantwortlichen sich überlegt, wo die ehemaligen Kunden in Zukunft ihr Mehl weiterhin regional einkaufen sollen? Oder wo die lokalen Landwirte ihr Korn verarbeitet bekommen? Das Discountersystem suggeriert Überfluss und Vollkommenheit… Genau da hat es aber die letzten Jahre zweimal gehapert, nämlich während der Versorgungsengpässe in der Krise. Davor war dies das letzte Mal in Kriegszeiten der Fall, also vor rund 80 Jahren. Aus den jüngsten Miseren wurde leider keine Lehre gezogen.
Bevor man also mit dem Zeigefinger auf andere zeigt, sollte man erst einmal bei sich selber schauen. In einer doch so “sozialen Gesellschaft“ gäbe es da sicherlich andere Mittel und Wege und nicht so wie geschehen Menschen an den Pranger zu stellen wie im Mittelalter. Mich jedenfalls hat diese Art und Weise, den Betrieb medial bloßzustellen tief erschüttert und gekränkt.
Gerd Graf August 2023