Verborgenen Mühlenwinkeln in alter Klosterlandschaft nachspüren
Bevor Napoleon vor gut 200 Jahren Europa neu ordnete, glich Oberschwaben einem bunten Teppich mit einer Vielzahl kleiner geistlicher und weltlicher Territorien. Und jede Herrschaft besaß ihre eigenen Mühlen. Sie mahlten Korn und Rinden, sägten Holz, stampften Samen und Knochen, walkten Leder und Wolle, rieben Lumpen, hoben Eisenhämmer und Blasebalge oder pumpten Wasser. Die Mühlen wirkten als Triebkräfte des oberschwäbischen Wirtschaftswunders im Mittelalter.
Doch nur vereinzelt haben sie den technischen und wirtschaftlichen Wandel der Neuzeit überlebt. Industrielle Konkurrenz und ein enormer Preisdruck setzen den oberschwäbischen Handwerksmühlen immer stärker zu und lassen so manchen Müller nicht nur um seine Existenz, sondern auch um das Überleben seiner jahrhundertealten Handwerkskultur fürchten.
Die Mühlenstraße Oberschwaben lenkt den Blick auf jene Bauwerke und Handwerksbetriebe, die seit Generationen in besonderer Weise unsere oberschwäbische Landschaft, unsere Städte und Dörfer prägen. Sie weist den Weg zu verborgenen Mühlenwinkel, die noch heute lebendige Zeugnisse der oberschwäbischen Geschichte sind.
Neben den Reichsstädten Ulm und Ravensburg waren die Klöster in Oberschwaben die treibenden Kräfte der Müllerei und ihrer technischen Fortentwicklung. Sie prägten die individuelle Architektur der Mühlengebäude und legten den Grund für eine naturverträgliche Nutzung der Wasserkraft. Noch heute lebt in den alten Mühlen der Rhythmus klösterlicher Regelmäßigkeit. Hier können wir lang Vergessenes riechen und schmecken. Wo es süß nach Mehl oder würzig nach frisch gesägtem Holz riecht, wo der intensive Duft von Eisen, Öl und Schmiedekohle in die Nase dringt, werden die Sinne neu geweckt.
Obwohl der alte Berufsstand der Müller in der heutigen Arbeitswelt eher ein Nischendasein führt, sind dessen Vertreter von der prägenden Kraft ihrer Mühlen für die Lebensqualität
Oberschwabens überzeugt: einer Lebensqualität, die ihren Wert aus einer tiefen Verwurzelung in den Traditionen bezieht, ohne sich neuen Entwicklungen gegenüber zu verschließen. Die Idee der Mühlenstraße Oberschwaben greift diese Überzeugung auf und schlägt damit den Bogen von der alten Mühlenromantik zur modernen Vermahlung von Getreide.